Schon seit geraumer Zeit gibt es Bestrebungen, die Kammerumlagen als unionsrechtswidrig bzw. als verfassungswidrig abstempeln zu lassen und somit einen für manche Unternehmen nicht unbedeutenden Kostenfaktor zu beseitigen. Nachdem sich bereits EuGH, VfGH und UFS mit der Thematik beschäftigt haben, war nun auch der VwGH an der Reihe. Durch Grundumlage, Kammerumlage 1 (KU 1) und Kammerumlage 2 (KU 2), zu deren Bezahlung grundsätzlich alle Mitglieder der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) verpflichtet sind, erfolgt auch die Finanzierung diverser Dienstleistungen der WKO. Darunter fallen einerseits die Vertretung wirtschaftlicher und rechtlicher Interessen ihrer Mitglieder wie auch die Information und Beratung bei arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten (z.B. auch durch die zahlreichen Außenhandelsstellen der WKO).
Die KU 1 beläuft sich auf 0,3% der Summe aus in Rechnung gestellt bekommener Umsatzsteuer, geschuldeter Einfuhrumsatzsteuer bzw. Erwerbssteuer sowie im Sinne des Reverse-Charge-Systems übergegangener Umsatzsteuerschuld. Sofern Eigenverbrauch oder eine Geschäftsveräußerung vorliegen, ist die damit zusammenhängende Umsatzsteuer nicht in die BMGL für die KU 1 einzubeziehen. Werden Dienstnehmer beschäftigt, so fällt grundsätzlich auch die KU 2 an, welche sich an den im Kalendermonat ausgezahlten Bruttolöhnen orientiert. Bemessungsgrundlage ist der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag. Eine Ausnahme von der Kammerumlagepflicht besteht für jene Mitglieder, deren steuerbare Umsätze die Freigrenze von 150.000 € im Kalenderjahr nicht übersteigen.
Gegen die KU 1 wurde nun vorgebracht, dass sie gegen Unionsrecht verstoße, da ein Teil der Vorsteuer zum Kostenfaktor wird. Der VwGH hat sich in seiner Entscheidung vom 28.4.2011 (GZ 2009/15/0172) jedoch früheren EuGH- und VfGH-Entscheidungen angeschlossen und hat weder Unionsrechts- noch Verfassungswidrigkeit festgestellt. Eine Abgabe mit den Merkmalen der KU 1 steht demnach nicht dem Recht auf Vorsteuerabzug entgegen. Ebenso wenig ist der Umstand, dass früher die Umsätze und nun die Vorsteuern als BMGL für die KU 1 herangezogen werden, in irgendeiner Weise bedenklich. Auch das Vorliegen der Freigrenze von 150.000 € und der Umstand, dass das Vorsteuerausmaß typischerweise auch von der Branche abhängt (so fällt regelmäßig mehr KU 1 an, wenn das Unternehmen in großem Ausmaß Waren und Dienstleistungen zukauft), haben beim VwGH keine gleichheitsrechtlichen Bedenken geweckt. Mit Freigrenzen und größenabhängigen Abgaben geht einher, dass manche Unternehmen gar keine KU 1 zu entrichten haben und andere gleichsam für diese Unternehmen mitzahlen. Der Tatbestand des Beihilfenverbots ist dadurch allerdings nicht erfüllt, da nach ständiger Rechtsprechung des EuGH die Befreiung anderer Unternehmen keine staatliche Beihilfe darstellt, welche dazu führt, sich selbst der Zahlung dieser Abgabe entziehen zu können. In seiner zweiten Entscheidung zur Kammerumlage vom 31.5.2011 (GZ 2009/15/0169) hat der VwGH wiederum keine Bedenken bzgl. der KU 2 erkennen können. Die Beschwerde hatte sich neben einem Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit auch auf einen Verstoß gegen das Beihilfenverbot gestützt.
Somit ist nach vielen Jahren klar, dass die Einhebung der Kammerumlagen ordnungsgemäß ist und weder Verstöße gegen Unions- noch Verfassungsrecht vorliegen. Da der Verwaltungsgerichtshof die Einholung einer (weiteren) Vorabentscheidung durch den EuGH abgelehnt hat, sind nun alle Instanzenzüge ausgeschöpft – die Kammerumlagenpflicht bleibt bestehen.
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