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Ein Vater und gleichzeitig Sachwalter seiner aufgrund eines ärztlichen Kunstfehlers behinderten Tochter hatte Klage gegen die Krankenanstalt eingebracht und hatte die damit verbundenen Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht. Fraglich war nun, ob die Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastung beim Vater in Abzug gebracht werden können.
Um die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen, müssen außergewöhnliche Belastungen zunächst außergewöhnlich sein und zwangsläufig erwachsen. Zudem müssen diese die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Eine Belastung ist für den Steuerpflichtigen als zwangsläufig zu beurteilen, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind aber prinzipiell durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag abgegolten. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.
Der VwGH (GZ Ro 2016/13/0026 vom 26.7.2017) stellte zunächst einmal klar, dass die Tragung der Prozesskosten zur Durchsetzung eines krankheitsbedingten Sonderbedarfs eines Kindes für die unterhaltspflichtigen Eltern rechtlich verpflichtend ist. Strittig war jedoch in diesem speziellen Fall, ob die Prozesskosten zwangsläufig erwachsen waren oder nicht. Die Finanz und das BFG gingen jeweils davon aus, dass die Prozessführung mangels existenzbedrohender Notlage nicht zwangsläufig sei. Darauf kommt es aber laut VwGH nicht an. Zwangsläufigkeit von Prozesskosten wird stets dann verneint, wenn die Prozessführung auf Tatsachen zurückzuführen ist, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden oder die sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat. Dies war aber im vorliegenden Sachverhalt nicht gegeben. Da die Prozessführung konkret einen existentiell wichtigen Bereich des Lebens betrifft (lebenslange Pflege- und Rehabilitationsmaßnahmen), stellen die Kosten auch beim Vater selbst eine außergewöhnliche Belastung dar. Die Prozesskosten waren somit als außergewöhnliche Belastung absetzbar.